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Mein Baby schreit ständig

Prinzipielles zum Schreien- was ist normal  

 Dass Babys viel schreien können, ist eine Binsenweisheit. Doch gerade dieses Thema verunsichert die Eltern, insbesondere die Erstlingseltern, wie kein anderes. Denn diese haben sich oft aufopferungsvoll und liebevoll um ihr Kind gekümmert, haben sich belesen, mit Freunden beraten, vielleicht den Kinderarzt konsultiert, um alles richtig zu machen und sehen sich oft trotzdem mit einem Kind konfrontiert, welches schreit, und das aus Leibeskräften.
Dies wird natürlich als Zeichen gesehen, dass dem Kind irgendetwas missfällt und zum Anlass genommen, nach einer Ursache für das Schreien zu fahnden.

Was viele Eltern nicht wissen, tägliche Schreiphasen zwischen 1 und 3 Stunden gelten als normal. Beim physiologischen Schreien kommt es hierbei vom Zeitpunkt der Geburt an zu einer stetigen Zunahme des Schreiens bis zu einem Maximum in der 6. - 8- Lebenswoche um dann bis zum Ende des 3. Lebensmonats wieder deutlich abzunehmen. Dies gilt als völlig normal und sollte die Eltern nicht beunruhigen.

Mein Baby schreit ständig

Häufig erwähnt werden in diesem Zusammenhang die sog. Dreimonatskoliken. Diese sind gekennzeichnet durch plötzliches, für Außenstehende oft grundloses, Schreien, oft aus bester Stimmung heraus. Typischerweise treten diese Dreimonatskoliken nachmittags oder am Abend auf.
Die Kinder ziehen hierbei oft die Beine zum Bauch, drücken die Fäustchen zusammen, werden knallrot im Gesicht, und Weinen aus Leibeskräften und lassen sich trotz aller Versuche oft nur schwer beruhigen. Den Begriff Dreimonatskolik mag ich eigentlich nicht so sehr, da er die Kolik als Ursache für das Schreien impliziert, was aber weder bewiesen noch wahrscheinlich ist.

Eine weitere Steigerung in diesem Ranking beschreibt der Begriff des Schreibabys. Von diesem wird gesprochen, wenn ein Kind über mehr als 3 Stunden pro Tag, an mehr als 3 Tagen über mehr als 3 Wochen auftritt. Immerhin ca. jedes 10. Kind muss hier eingeordnet werden. Oftmals ist eine wirkliche Ursache für das Schreien trotz intensivster Suche nicht zu finden.
Untersuchungen haben gezeigt, dass lediglich bei 5 - 10 % der betroffenen Kinder organische Ursachen zeigten, also im Umkehrschluss 90 - 95 % der Fälle als gesund eingestuft wurden. Als Ursache kommen Störungen im Verdauungstrakt in Betracht, wobei scheinbar die Kinder nicht aufgrund von Blähungen schreien, sondern das Schreien selbst erst dazu führt, dass zu viel Luft geschluckt wird und in den Verdauungstrakt gelangt.

Auch zeigten die Studien weder eine Reduktion des Schreiens durch Herumtragen bzw. gesteigerten Körperkontakt noch durch alternative Therapien wie Akupunktur oder osteopathische bzw. manuelle Therapien. Förderlich gegen das Schreien zeigten sich in Studien Babymassagen und das Pucken (Kind schreiend oder im ruhigen Zustand mittels definierter Technik über 3 Wochen lang mindestens 3 x täglich für 30 Min in ein dünnes Tuch einwickeln). Letzteres beinhaltet aber, insbesondere bei falscher Technik, eine Zunahme des Risikos eines plötzlichen Kindstodes und von negativen Auswirkungen auf die Hüftentwicklung. Beruhigende Tatsache ist aber, dass dieses Schreien über das normale Maß hinaus bei über 60 % der Kinder nach den ersten 3 Monaten und bei den restlichen Kindern bis zum 6. Monat spontan aufhört. Hierbei können 3 Monate natürlich lang werden. Stellen Sie sich vor, welch erhebliche Belastung es für die Eltern bedeuten muss, wenn ihr Baby trotz aller Versuche fast täglich über Stunden schreit.
Interessant ist, dass Dreimonatskoliken und Schreibabys insgesamt nicht nur, aber deutlich häufiger, bei Ersteltern zu beobachten sind. Es erscheint also naheliegend, dass bestimmte Verhaltensweisen der, vielleicht durch ein bereits vorhandenes erstes Kind bereits erfahrenen, Eltern nun beim 2. Kind doch zu einem deutlich ruhigeren Kind beitragen könnten.

Recht bald werden Sie auch bemerken, dass Schreien und Schreien nicht das gleiche ist. Wutschreien, Schreien als Einschlafhilfe, Hungerschreien, Schreien aus Langeweile, Schmerzschreien, jedes Schreien hat seine eigene Qualität und Besonderheit. Schnell entwickeln Sie ein Gefühl dafür, warum Ihr Kind gerade schreit und können dann Ihre Reaktionen dementsprechend anpassen.


Was können Sie also tun, wenn Ihr Kind viel schreit  

 Schauen Sie erst einmal, ob die Grundbedürfnisse Ihres Kindes befriedigt sind. Ist es satt, könnte es frieren, ist evtl die Windel voll? Legen Sie Ihr Kind also an oder bieten Sie die Flasche an. Vermeiden Sie aber, Ihr Kind zu überfüttern. Haben Sie erst vor kurzem gefüttert und hatten Sie das Gefühl, Ihr Kind hat dabei ausreichend getrunken, kommt es sonst in der Folge zu noch stärkerem Schreien, dieses Mal wegen Bauchschmerzen. Prinzipiell sollten Sie eine ruhige und entspannte Atmosphäre schaffen. Kinder lieben Rituale. Gestalten Sie also die Tagesabläufe ähnlich, starten Sie etwa zur gleichen Zeit in den Tag, gehen Sie zu ähnlichen Zeiten spazieren, versuchen Sie, Mittagsruhe und abendliches zu Bett Bringen in immer den gleichen Abläufen zu strukturieren. Schotten Sie sich nicht von der Außenwelt ab. Sie sollen sich auch weiterhin mit Ihren Freunden treffen. Jedoch gilt es auch hier, ein gesundes Maß zu finden. Treffen Sie sich am Vormittag mit Freundin A, fahren dann auf dem Weg zum Einkauf noch schnell zu Freundin B und kommt Oma dann vielleicht am Nachmittag noch spontan zu Besuch, war der Tag eindeutig zu voll und Sie werden sich am Abend sicher mit einem reizüberfluteten schreienden Baby konfrontiert sehen.

Versuchen Sie also, den Tag ruhig zu gestalten. Strahlen auch Sie möglichst Ruhe aus. Reden Sie mit ruhiger Stimme. Schreit Ihr Kind nun ohne erkennbare Ursache, springen Sie nicht gleich auf, um es auf den Arm zu nehmen. Versuchen Sie erst einmal zu hören, nach was das Schreien gerade klingt und überlegen Sie, warum Ihr Kind jetzt gerade schreien könnte. Warten Sie einen Augenblick, ob es vielleicht von alleine wieder mit dem Schreien aufhört. Wenn nicht, reden Sie stattdessen ruhig auf das Baby ein. Erst wenn sich Ihr Kind nicht beruhigt, legen Sie vielleicht die Hand auf die Brust und wiegen es sacht hin und her, bieten Sie vielleicht den Schnuller an. Aber bleiben Sie immer ganz ruhig. Warten sie so einige Minuten ab, ob das Schreien vergeht.

Schreit Ihr Kind weiter, nehmen Sie es auf den Arm und wiegen es etwas (vielleicht auch im Fliegergriff). Hierbei gilt es, körperliche Nähe und Ruhe zu vermitteln. Heftiges Hin- und Herschütteln oder auf den Rücken klopfen etc. verschlimmern die Situation nur. Bleiben sie weiter ganz ruhig, haben Sie einfach ein Lächeln im Herzen. Lässt sich Ihr Baby so nicht beruhigen und ist seit der letzten Mahlzeit schon einige Zeit vergangen, schauen Sie, ob die Windel trocken ist und bieten Sie ruhig nochmal die Milch an.

  Tipp

Wird Ihr Kind mit der Flasche ernährt, versuchen Sie bei anhaltenden Unruhezuständen einmal eine andere Milch. Oftmals ist dies doch recht erfolgreich.

Der Wechsel sollte nicht abrupt erfolgen, vielmehr sollte täglich eine Milch der früheren Milch weniger und der neuen Milch hinzu.

Bedingt durch die noch relativ geringen Nahrungsmengen in dieser Altersgruppe können die Phasen bis zur nächsten Fütterung stark variieren. Während sich nach ca. 4 - 6 Wochen ein Rhythmus einzustellen beginnt, welcher irgendwann so genau sein kann, dass Sie fast die Uhr danach stellen können, haben Babys in den ersten Wochen Hunger ohne erkennbare Struktur. Oft beruhigen sich die Kinder durch das Trinken gut. Dabei sollten Sie natürlich eine Überfütterung vermeiden. Schreit Ihr Kind trotz Fütterung weiter, prüfen Sie, ob es vielleicht zu kalt im Zimmer ist (fühlt sich der Rumpf Ihres Kindes kühl an?). Kommt Ihr Kind so nicht zur Ruhe, versuchen Sie, die Beine etwas anzuwinkeln und den Bauch vorsichtig im Urzeigersinn zu massieren. Hilfreich ist es oft auch, den Anus etwas zu stimulieren. Oftmals wird hierbei Luft oder sogar Stuhl abgesetzt, wonach die Kinder sich oft besser fühlen. Am besten bewerkstelligen Sie dies, wenn Sie ein Ohrwattestäbchen oder ein Fieberthermometer etwas mit Creme benetzen

um dann den Anus damit leicht zu bestreichen bzw. sanft wenige Millimeter in diesen einzudringen. Führen Sie nun leicht kreisende Bewegungen durch. Hilft dies alles nicht, und schreit ihr Kind weiter, können Sie auch versuchen, es durch monotone Geräusche zu beruhigen, vielleicht ist es ja müde und fühlt sich nicht wohl in seiner Haut. Oftmals beruhigen sich selbst die unruhigsten Zeitgenossen, wenn der Staubsauger läuft, oder der Fön zu hören ist etc. In Zeiten von Smartphone und Co existieren auch spezielle Apps, durch welche ein Grundrauschen erzeugt werden kann, speziell für den Zweck, die Kinder zu beruhigen. Dies klappt oft erstaunlich gut.

Prinzipiell ist es aber besser, wenn sich Ihr Kind gar nicht erst an solche Dinge gewöhnt. Geht mal gar nichts mehr, können Sie versuchen, spazieren zu gehen oder eine Runde mit dem Auto zu fahren. Auch ein Bad hilft oft sehr gut. Auch hier möchte ich nochmals betonen, bleiben Sie immer ganz ruhig. Unruhe ihrerseits macht alles nur noch viel schlimmer. Schreit Ihr Kind trotz aller Maßnahmen weiter, ist es Zeit, zur Sicherheit den Kinderarzt zu kontaktieren.

Schließt dieser seltene organische Ursachen aus (Kuhmilchunverträglichkeit, Verdauungsstörungen etc.) rate ich Ihnen, das Schreien zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen. Es spricht prinzipiell überhaupt nichts dagegen, Ihr Kind auch einmal schreien zu lassen. Ihr Kind sollte dabei nur bemerken, dass es nicht alleine ist. Oftmals beruhigen sich selbst die unruhigsten Kinder dabei ganz von selbst und das Schreien hört nach 10 - 20 Minuten spontan auf. Wenn nicht, bieten Sie nach dieser Zeit nochmals etwas Trinken an und legen Ihr Kind erneut ab.

Achten Sie darauf, dass Sie nicht vom Schreien angesteckt und unruhig werden. Sie wissen ja nun, Ihrem Kind fehlt nichts. Auch wenn alle Freundinnen davon schwärmen, wie brav ihre Babys sind und sie fragend anschauen, weil Ihr Kind schreit. Halten sie sich immer wieder vor Augen, Sie tragen keine Schuld am Schreien Ihres Kindes, das Schreien hört irgendwann auf und es schadet Ihrem Kind in keiner Weise. Manche Kinder brauchen dieses Schreien um sich selbst zu beruhigen oder in den Schlaf zu kommen. Vermutlich stört es Ihr Baby nicht einmal. Sie sind deswegen keine schlechte Mama oder Papa.

  Tipp

Bei exzessivem Schreien kann es sein, dass sich bei aller Liebe Ihrem Kind gegenüber auch negative Gefühle entwickeln. Manche Eltern kommen an einen Punkt, wo Sie Ihr Kind dann aus Hilflosigkeit schütteln. Dies kann zu gefährlichen Hirnblutungen führen und muss unbedingt unterlassen werden. Spüren Sie, dass Sie nicht mehr können, lassen Sie Ihr Kind lieber einmal schreien, gehen Sie 5 Minuten an die frische Luft und versuchen Sie, sich zu entspannen.

So sehr ein Baby auch schreit, es tut dies nie bewusst oder gar, um Sie zu ärgern. Dies sollten sie sich immer vor Augen halten!

 Häufige Fehler

Viele Eltern glauben, Schreien schadet dem Kind und setzen es sich als höchstes Ziel, Schreien zu vermeiden. Bestärkt wird diese Annahme oft noch durch „gute Ratschläge“ aus Freundeskreis oder Familie, das Kind doch bitte auf den Arm zu nehmen und herumzutragen, damit das Leiden des Kindes ein Ende hat. Lassen Sie sich hier aber nicht beirren. Die Kinder bei jedem kleinen Schrei gleich auf den Arm zu nehmen und herumzutragen ist sicherlich nicht ratsam. Problematisch hierbei ist, dass die Kinder sich wahnsinnig schnell daran gewöhnen, immer gleich auf den Arm genommen zu werden und dies dann natürlich umso lautstarker einfordern, auch wenn Sie es mal anders versuchen wollen. Achten Sie auf Müdigkeitssignale Ihres Kindes und nutzen Sie diese zur Gewöhnung an das Bettchen.

  Tipp

Ein Baby, welches im Liegen schreit, sich auf dem Arm aber recht schnell beruhigen lässt und zufrieden ist, wird nicht ernstlich krank sein.

 Haben Sie das Gefühl, Sie kommen mit der Situation nicht klar, wenden sie sich an uns oder an spezielle Beratungsstellen.